Voranschlagsprovisorium (§ 69)
Kann der Voranschlag nicht rechtzeitig beschlossen werden, so hat der Gemeinderat für das erste Viertel des kommenden Haushaltsjahres ein Voranschlagsprovisorium zu beschließen.
Das Voranschlagsprovisorium ist eine vom Gemeinderat beschlossene vorläufige Grundlage der Gebarung der Gemeinde im ersten Viertel des Haushaltsjahres bei nicht rechtzeitiger Wirksamkeit eines Voranschlages.
Auf einen solchen Beschluss finden die ansonsten für den Voranschlag geltenden Bestimmungen über die Auflage zur öffentlichen Einsicht sowie die Einwendungsrechte keine Anwendung.
Das Voranschlagsprovisorium unterliegt der Prüfung durch die Aufsichtsbehörde (Landesregierung) gemäß § 90. Da jedoch in diesem Verfahren nur solche Beschlüsse aufgehoben werden dürfen, die gegen Landesgesetze (also Gesetze im formellen Sinne) verstoßen, kann ein allfälliger Verstoß gegen die Gemeinde-Haushaltsordnung nicht zu einer Aufhebung des Voranschlages führen.
Eine von der Landesregierung verfügte Aufhebung kann beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof mittels Beschwerde angefochten werden.


Vorläufige Ermächtigungen des Bürgermeisters
Solange ein solcher Beschluss des Gemeinderats nicht vorliegt, ist der Bürgermeister im ersten Viertel des kommenden Haushaltsjahres zu folgenden Verfügungen ermächtigt:

  • die gesetzlichen Ausgaben und privatrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen sowie
  • die laufenden Ausgaben zu leisten, die bei sparsamster Verwaltung notwendig sind;
  • die Abgaben nach den Sätzen des Vorjahres und die sonstigen Einnahmen der Gemeinde einzuheben (soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist), und
  • zur Leistung der gesetzlichen Ausgaben und privatrechtlichen Verpflichtungen sowie der laufenden Ausgaben einen Kassenkredit in Anspruch zu nehmen.

Diese Ermächtigung des Bürgermeisters ist dann gegeben, wenn weder ein Voranschlag noch ein Voranschlagsprovisorium im ersten Viertel des Haushaltsjahres in Geltung steht und gilt nur für das erste Viertel des kommenden Haushaltsjahres und endet, wenn der Gemeinderat den Voranschlag beschlossen hat und innerhalb dieses Haushaltsvierteljahres in Kraft getreten ist.


Der Ausdruck „nach den Sätzen des Vorjahres . . . . einzuheben“ ist so zu verstehen, dass gegebenenfalls auch die vorangegangenen Jahre gemeint sind, weil es hinsichtlich jener Abgaben, die bereits im Vorjahr oder in den Vorjahren ausgeschrieben worden sind, keiner jährlichen Beschlussfassung bedarf, sondern nur dann, wenn Änderungen gegenüber dem jeweils vorangegangenen Haushaltsjahr notwendig sind.


Weitere vorläufige Ermächtigungen des Bürgermeisters
Ist auch nach Ablauf des ersten Viertels des Haushaltsjahres vom Gemeinderat der Voranschlag noch nicht beschlossen, so darf der Bürgermeister für ein weiteres Vierteljahr von der ihm eingeräumten Ermächtigung Gebrauch machen.

Der Bürgermeister hat die Aufsichtsbehörde von der unterbliebenen Beschlussfassung durch den Gemeinderat unverzüglich in Kenntnis zu setzen.


Der Ausdruck „noch nicht beschlossen“ ist so zu verstehen, dass noch kein Voranschlag mit Wirksamkeit für das zweite Viertel des Haushaltsjahres existiert. Dieser Umstand kann sich auch schon im Laufe des ersten Viertels des Haushaltsjahres (und nicht erst nach dessen Ende) ergeben, sodass es angezeigt erscheint, dass der Bürgermeister schon zu diesem Zeitpunkt die Aufsichtsbehörde von der unterbliebenen (das zweite Haushaltsvierteljahr betreffenden) Beschlussfassung in Kenntnis setzt.