Die Gemeinde darf trotz des bereits von der Aufsichtsbehörde eingeleiteten Verfahrens zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Beschlusses diesen vollziehen. Obgleich dieser Umstand die Effektivität der Gesetzmäßigkeitsprüfung beeinträchtigt, nimmt diese Auslegung Bedacht auf die Eigenverantwortlichkeit und die freie Selbstbestimmung der Gemeinde, wie dies § 86 Abs. 6 allgemein für die Handhabung des Aufsichtsrechtes der Aufsichtsbehörde festgelegt wird. Dieses Recht der Gemeinde ergibt sich eindeutig aus der Bestimmung des Abs. 3, die überflüssig wäre, hätte der Gesetzgeber der Gemeinde eine Beschränkung zur Vollziehung des Beschlusses bei Einleitung des Prüfungsverfahrens auferlegt.

Ist für Beschlüsse ein Genehmigungsvorbehalt (§ 87) vorgesehen, dann hindert die erfolgte Genehmigung i.S. des § 80 die Aufsichtsbehörde nicht, den Beschluss neuerlich zu prüfen. Die Prüfung gemäß § 87 erstreckt sich nämlich nur auf die Prüfung der im § 87 Abs. 3 genannten Kriterien, jene nach § 90 geht aber darüber hinaus. S. >>>.

Während die Gemeinde allgemein trotz der bereits eingeleiteten Prüfung der Gesetzmäßigkeit eines Beschlusses diesen vollziehen darf, ist dies nicht mehr möglich, wenn die Aufsichtsbehörde mit Bescheid die Entscheidung getroffen hat, dass mit der Durchführung des Beschlusses innezuhalten ist (Abs. 3). Allerdings ist dieses Sistierungsrecht der Aufsichtsbehörde nur unter zwei Voraussetzungen möglich:

a) wenn eine baldige Entscheidung über die Gesetzmäßigkeit des Beschlusses nicht möglich und
b) Gefahr im Verzug gegeben ist; der Begriff "Gefahr im Verzug" wird sich wohl auf die rein faktischen Folgen einer Durchführung des Beschlusses beziehen, nicht aber auf die "Gefahr des Vollzuges" des zu prüfenden Beschlusses.
Diese Voraussetzungen hat die Aufsichtsbehörde im Bescheid darzutun; ob diese tatsächlich vorliegen, unterliegt - im Falle der Anfechtung - der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes (Verfassungsgerichtshofes).

Der Bescheid der Aufsichtsbehörde des Inhaltes, dass mit der Durchführung des Beschlusses innezuhalten ist, löst keine Entscheidungspflicht i.S. des § 73 Abs. 1 AVG aus. Im aufsichtsbehördlichen Verfahren sind zwar zufolge des § 94 Abs. 1 die Bestimmungen des AVG anzuwenden, doch werden aufsichtsbehördliche Maßnahmen im Sinne des Art. 119a B-VG von Amts wegen gesetzt. Die Entscheidungspflicht nach § 73 AVG wird aber erst über Anträge von Parteien und Berufungen begründet. Der Bescheid der Aufsichtsbehörde ist sofort anfechtbar. Erst nach erfolgter Anfechtung ist die Aufsichtsbehörde verpflichtet, ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach Einlangen des Rechtsmittels, den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, geht auf schriftlichen Antrag der Gemeinde die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (Landesregierung) über, deren Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof anfechtbar ist. Bei Säumnis der Oberbehörde ist Säumnisbeschwerde (Art. 132 B-VG) an den VwGH zulässig.