DIE RECHTE DER MITGLIEDER DES GEMEINDERATS (§ 40)
Recht auf Mandatsausübung
Durch die Wahl erhält das Mitglied des Gemeinderates das Recht auf Ausübung des Gemeinderatsmandates und hat auch die Pflicht zur Ausübung des Mandates; es muss an den Sitzungen des Gemeinderates teilnehmen; falls es den ordnungsgemäß einberufenen Sitzungen des Gemeinderates dreimal aufeinanderfolgend unentschuldigt fernbleibt, wird mit Bescheid der Landesregierung der Mandatsverlust ausgesprochen.
Der Anwesenheitspflicht eines Mitgliedes des Gemeinderates kommt bei der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates eine besondere Bedeutung zu: erscheint er nicht zur konstituierenden Sitzung oder entfernt er sich vor Beendigung der Wahl des Bürgermeisters oder der sonstigen Mitglieder des Gemeindevorstandes, ohne seine Abwesenheit oder seine Entfernung zu rechtfertigen, dann wird der Mandatsverlust durch Bescheid der Landesregierung ausgesprochen.
Das Recht auf Ausübung des Mandates darf dem Gemeinderatsmitglied nicht geschmälert werden; Maßnahmen, die ihm das Recht auf Ausübung seines Mandates ohne Rechtsgrundlage verwehren - entweder zur Gänze oder auch nur für die Dauer des Vorliegens eines bestimmten Sachverhaltes oder für einzelne Sitzungen des Gemeinderates - können, selbst wenn sie nicht aufgrund eines förmlichen Bescheides erfolgen, beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden.
Freies Mandat
Die Mitglieder des Gemeinderats sind in Ausübung ihres Mandats frei und an keine Weisungen gebunden.
Gemäß dem Prinzip des freien Mandates, wie es auch für die Mitglieder des Nationalrates und Bundesrates sowie des Landtages niedergelegt ist, ist das Gemeinderatsmitglied an keine Weisungen - wem immer gegenüber - gebunden. Damit soll seine Unabhängigkeit im Interesse der Vertretung aller Gemeindebürger rechtlich gewährleistet werden. Allerdings besteht im Hinblick auf den sog. "Fraktionszwang" eine zwar nicht rechtliche, so doch faktische Bindung des Mandatars an seine Wahlpartei.
Dem Prinzip des freien Mandates widerspricht auch der im vorhinein abgegebene "Mandatsverzicht"; er ist ungültig.
Ausschluss aus der Partei
Der Ausschluß eines Mitgliedes des Gemeinderates aus seiner Partei hat rechtlich keine Auswirkungen auf den Bestand und die Ausübung seines Mandates.
Recht des Gemeinderates, das Wort zu ergreifen
Das Recht einer Person, als Gemeinderat gewählt zu werden ("sog. "passives Wahlrecht") schliesst auch das Recht in sich, das betreffende Amt auszuüben und alle Maßnahmen, die die ungehinderte Ausübung des Mandates beeinträchtigen, letzlich beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.
Als ein solches Recht, das Mandat auszuüben, ist das Recht zu sehen, im Gemeinderat zu den einzelnen Verhandlungsgegnständen das Wort zu ergreifen. Dieses Rederecht kann vom Vorsitzenden nicht entzogen werden, und zwar auch nicht im Rahmen der "Sitzungspolizei", also des Rechtes des Vorsitzenden, Ruhe und Ordnung während der Sitzungen des Gemeinderates zu gewährleisten.
Recht des Gemeinderates, Anträge zu stellen
Anträge können ein Begehren hinsichtlich eines Tagesordnungspunktes enthalten oder ein solches zur Geschäftsordnung.
Anträge zur Geschäftsordnung werden mündlich gestellt.
Anträge zu einem Tagesordnungspunkt können sein:
- Hauptanträge, die den Inhalt eines Tagesordnungspunktes in bestimmter Weise zum Ausdruck bringen;
- Abänderungsanträge, die den Inhalt des Hauptantrages teilweise abändern oder ergänzen;
- Gegenanträge, die ein gänzlich anderes Begehren als der Hauptantrag zum Inhalt haben.
Anträge zu einem Tagesordnungspunkt sind schriftlich zu stellen, genau zu präzisieren und vom Schriftführer festzuhalten.
Anträge zur Geschäftsordnung bezwecken eine Änderung des Sitzungsablaufes; sie sind mündlich zu stellen. Solche Anträge können z.B. sein: Anträge auf Sitzungsunterbrechung, auf Ausschluss derÖffentlichkeit, oder auf Vertagung eines Tagesordnungspunkts.
s. Muster-Geschäftsordnung des Gemeinderates
Ausübung des Stimmrechtes
Eines der wichtigsten Rechte der Mitglieder des Gemeinderats ist das Recht, in den Sitzungen des Gemeinderates das Stimmrecht auszuüben. Es ist persönlich auszuüben; die Betrauung eines Gemeinderatsmigliedes mit der Abstimmung für einen abwesenden Gemeinderat ist nicht möglich.
s. auch unter "Abstimmung".
Recht auf Akteneinsicht
Die Mitglieder des Gemeinderats haben das Recht, in die Akten von Verhandlungsgegenständen Einsicht zu nehmen; es ist in zweierlei Hinsicht beschränkt:
- inhaltlich: es darf nur in solche Akten Einsicht genommen werden, die Inhalt eines Verhandlungsgegenstandes sind; hiebei darf der Begriff "Akt" nicht zu eng gesehen werden; unter "Akten von Verhandlungsgegenständen" werden vielmehr alle jene schriftlichen Unterlagen, die für die Beratung und Beschlußfassung über einen Verhandlungsgegenstand maßgebend sind, zu verstehen sein;
- zeitlich: die Einsichtnahme in Akten von Verhandlungsgegenständen ist nicht jederzeit möglich, sondern erst nach Bekanntgabe der Tagesordnung (frühester Zeitpunkt), d.i. mit der Kundmachung an der Amtstafel bzw. mit der Empfangnahme der Tagesordnung anläßlich der Zustellung der Einladung zur Gemeinderatssitzung.
- Die Einsichtnahme kann bis zur Sitzung nur während der Amtsstunden des Gemeindeamtes und
- während der Sitzung (ungeachtet der bestehenden Amtsstunden) verlangt werden.
Das Recht auf Akteneinsicht beinhaltet das Recht, im Gemeindeamt nach Maßgabe der vorhandenen technischen Mittel Kopien anfertigen zu lassen oder an Ort und Stelle Abschriften selbst anzufertigen. Die Bestimmungen über die Amtsverschwiegenheit bleiben hiedurch unberührt.
Recht, Anfragen zu stellen
Die Mitglieder des Gemeinderats sind berechtigt, in den Gemeinderatssitzungen Anfragen an
- den Bürgermeister,
- die Mitglieder des Gemeindevorstands sowie
- Ausschussvorsitzende
zu richten.
?Das Anfragerecht der Mitglieder des Gemeinderates dient der Information über die Gemeindeverwaltung und deren Kontrolle im Wege über die einzelnen Organe der Gemeinde (Bürgermeister, Gemeindevorstände, Ausschussvorsitzende); wenngleich der Kassier (durch die GemO-Novelle 2016 nunmehr ausdrücklich als Organ bezeichnet) im Absatz 3 nicht genannt ist, muss wohl auch dieser in Betracht gezogen werden, weil der Kassier ebenso dem Gemeinderat rechtlich (und, falls er vom Gemeinderat gewählt worden ist, politisch) verantwortlich ist.
Gegenstand der Kontrolle können nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde sein, die nicht Inhalt von einzelnen Verhandlungsgegenständen sind oder im Rahmen solcher Verhandlungsgegenstände erörtert worden sind oder hätten erörtert werden können (etwa auch im Rahmen der "Antragstellung"), sodass sich eine Fragestellung erübrigt hätte, das Gleiche gilt wohl auch für Informationen, die dem Anfragenden auf anderem Wege unmittelbar zugänglich sind.
Mündliche und schriftliche Anfragen sind nur unter den im Abs. 5 genannten Bedingungen zu beantworten; sie dürfen unter Hinweis auf die Amtsverschwiegenheit nicht verweigert werden. Auch der vom Gemeindevolk direkt gewählte Bürgermeister ist gegenüber dem Gemeinderat auskunftspflichtig. Demgegenüber ist das Gemeinderatsmitglied verpflichtet, über den Inhalt der erhaltenen Auskunft Verschwiegenheit zu bewahren.
Anfragen (i.S. des § 40 Abs. 3) können mündlich in den Gemeinderatssitzungen, als auch schriftlich (auch in Form von E-Mails) eingebracht werden; sie können sofort während der Sitzung, spätestens aber in der nächsten Sitzung (wenn diese innerhalb von acht Wochn nach dem Einlangen der Anfrage stattfindet), mündlich beantwortet werden. Jeden falls aber sind sie schriftlich (oder mittels Mail) innerhalb von acht Wochen nach dem Einlangen zu beantworten.
Von den als Informations- und Kontrollinstrument anzusehenden Anfragen (i.S. des § 40 Abs. 3) zu unterscheiden sind die Auskünfte nach dem Auskunftspflicht-, Informationsverwendungs- und Statistikgesetz. Jede Person (unter Angabe ihres Namens und ihrer Wohnadresse) hat das Recht, Auskünfte mündlich, telefonisch oder schriftlich zu verlangen (soweit dem eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht nicht entgegensteht). Auskünfte sind Wissenserklärungen über Angelegenheiten (des eigenen Wirkungsbereiches) der Gemeinde, die dem zur Auskunft verpflichteten Organ zum Zeitpunkt des Einbringens des Auskunftbegehrens bekannt sind.
Die Bedingungen, unter denen eine Auskunft nicht zu erteilen ist, entsprechen dem Abs. 5; es wird lediglich der Begriff "umfangreiche Ausarbeitungen" näher definiert, und zwar in dem Sinne, dass die Erteilung von Auskünften nicht zu einer Lähmung des Amtsbetriebes führen dürfen.
Ergibt sich aus dem Namen des Auskunftswerbers, dass er kein Mitglied des Gemeinderates ist, dann ist bei der Beurteilung darüber, ob das Begehren einer bestimmten Person (unabhängig von der von ihr gewählten Bezeichnung) als "Anfrage" oder "Auskunft (i.S. des Abs. 3) zu werten ist, darauf abzustellen, welcher Inhalt ihr - in objektiver Betrachtungsweise - beizumessen ist, sodass eine Auskunft in einer Angelegenheit, die nur Gegenstand einer Anfrage sein kann, nicht erteilt werden darf.
Die Nichtbeantwortung einer mündlichen Anfrage gilt als Ordnungswidrigkeit gem. § 92a Abs. 1 Z 4.
Die schriftlich im Gemeindeamt einzubringende Anfrage ist dem befragten Organ ungesäumt mitzuteilen, damit es die ihm eingeräumte Beantwortungszeit wahren kann.
Recht auf Einsichtnahme in die Verhandlungsschrift der Gemeinderatssitzung
Die Mitglieder des Gemeinderats haben das Recht, in die Verhandlungsschrift Einsicht zu nehmen; der Zeitpunkt der Einsichtnahme ist abhängig von deren Auflegung. Diese hat mindestens drei Amtstage vor der nächsten Sitzung des Gemeinderats während der Amtsstunden im Gemeindeamt zu erfolgen.
Gegen den Inhalt der Verhandlungsschrift können spätestens in der nächsten Sitzung des Gemeinderats Einwendungen erhoben werden. >>>>>
Recht auf Einsichtnahme in die Verhandlungsschrift der Sitzung des Gemeindevorstands und der Ausschüsse
Jedem Mitglied des Gemeinderats steht die Einsichtnahme in die Verhandlungsschrift offen; der Zeitpunkt der Einsichtnahme ist abhängig von deren Auflegung Diese hat mindestens drei Amtstage vor der nächsten Sitzung des Gemeindevorstands (der Ausschüsse) während der Amtsstunden im Gemeindeamt zu erfolgen.
Die Verhandlungsschrift wird im Gemeindearchiv aufbewahrt.
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