DIE TAGESORDNUNG DES GEMEINDERATS (§ 38)


Allgemeines
Die Tagesordnung ist die Grundlage für den Verlauf der Sitzung des Gemeinderates. Sie ist bereits anläßlich der Einberufung des Gemeinderats festzulegen.

Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass Rechtsakte vom Gemeinderat nur dann rechtmäßig gesetzt werden können, wenn sie einen Gegenstand der Tagesordnung der betreffenden Sitzung bilden. Dies ist im sog. "Öffentlichkeitsgebot" begründet, aus welchem sich ergibt, dass dem Geschehen im Gemeinderat eine unmittelbar über die Mitglieder des Gemeinderates hinausgehende, potentiell alle Gemeindemitglieder betreffende Bedeutung zukommt.

Außerdem haben die gesetzlichen Bestimmungen über die Tagesordnung und deren Mitteilung an die Mitglieder des Gemeinderates den Sinn, dass diese so rechtzeitig über die Themen, über die bei der Sitzung ein Beschluss gefasst wird, informiert werden, dass sie sich darauf vorbereiten können. Angesichts dieser wesentlichen, für das Tätigwerden des Gemeinderates geradezu konstitutive Funktion der Tagesordnung sind auch dem Gemeinderat vorbehaltene Wahlhandlungen, wie insbesondere die Erstattung von Wahlvorschlägen oder die Gewählterklärung vorgeschlagener Mitglieder, rechtswidrig, wenn sie ohne gehörigen Tagesordnungspunkt vorgenommen werden.


Festsetzung der Tagesordnung
Der Bürgermeister setzt die Tagesordnung fest. Er ist bei der Festsetzung der Tagesordnung grundsätzlich frei; er kann jede Angelegenheit von der Beratung dadurch ausschließen, dass er sie von der Tagesordnung absetzt, allerdings nur vor Eingehen in die Tagesordnung.

Der Bürgermeister kann auch eine andere, als die vorgesehene Reihung der Verhandlungsgegenstände vornehmen. Gegen seinen Willen kann während der Sitzung des Gemeinderates eine Angelegenheit, die nicht auf der Tagesordnung steht, nicht behandelt werden, da diesbezügliche Anträge einstimmig beschlossen werden müssen.

Die Festsetzung der Tagesordnung hat einen rechtlich bindenden (konstitutiven) Charakter; dies bedeutet, dass der Vorsitzende nicht berechtigt ist, eine Sitzung willkürlich zu schließen, bevor nicht alle Tagesordnungspunkte erledigt worden sind und vor allem der Tagesordnungspunkt "Allfälliges" zur Behandlung gekommen ist. Dies ergibt sich daraus, dass der Bürgermeister zwar die Reihenfolge der Verhandlung der Geschäftsstücke bestimmen, keinesfalls aber einen auf der Tagesordnung stehenden Punkt absetzen kann (er kann solche Punkte lediglich vor der Sitzung absetzen).


Verpflichtung
zur Aufnahme eines Tagesordnungspunktes
Der Bürgermeister ist verpflichtet, einen in den Wirkungsbereich des Gemeinderats fallenden Gegenstand in die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung aufzunehmen, wenn dies

  • von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Gemeinderats oder
  • von einem Ortsvorsteher in einer den Ortsverwaltungsteil berührenden Angelegenheit
    schriftlich verlangt wird.

    Zudem kann jede Gemeinderatspartei mit schriftlicher Zustimmung aller ihrer Mitglieder - bei einer Gemeinderatspartei mit nur einem Mitglied dieses Mitgliedes allein - die Aufnahme eines Tagesordnungspunktes je Sitzung verlangen.
    Der Bürgermeister ist verpflichtet, diesen Tagesordnungspunkt in die nächste Sitzung des Gemeindevorstandes aufzunehmen. Der Gegenstand des Tagesordnungspunktes muss in den Wirkungsbereich des Gemeindevorstandes fallen.

Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung stehen, können nur dann behandelt werden, wenn der Gemeindevorstand dies einstimmig beschließt. Solche Anträge kann jedes Mitglied des Gemeindevorstands stellen.
Die Reihenfolge der Verhandlung der Geschäftsstücke bestimmt der Vorsitzende.


Wird ein solcher Antrag nach bereits erfolgter Zustellung der Einberufung zu einer Sitzung des Gemeinderates gestellt, dann besteht im Hinblick auf die Achtung des Rechtes der antragstellenden Mitglieder des Gemeinderates wohl kein Anstand, wenn unter Beachtung der Acht-Tage-Frist der betreffende Gegenstand noch in die Tagesordnung aufgenommen wird (Ergänzung der Tagesordnung).

Ein Tagesordnungspunkt, der auf Grund eines solchen qualifizierten Antrages in der Tagesordnung Aufnahme gefunden hat, darf vom Bürgermeister nicht mehr von der Tagesordnung abgesetzt werden.

Damit ist gewährleistet, dass eine bestimmte Angelegenheit in der nächsten Sitzung des Gemeinderates behandelt wird, doch ist die Festsetzung des Zeitpunktes dieser Sitzung dem Bürgermeister anheimgestellt.
Um eine rasche Behandlung zu erzwingen, ist folgende Vorgangsweise möglich:

Wenn es von einem Viertel der Gemeinderatsmitglieder verlangt wird, hat der Bürgermeister den Gemeinderat innerhalb von acht Tagen einzuberufen und spätestens innerhalb von weiteren acht Tagen eine Sitzung abzuhalten. (Diese Vorgangsweise ist dem Ortsvorsteher hinsichtlich des Ortsausschusses verwehrt).


Tagesordnungspunkt "Allfälliges"
Die Tagesordnung ist mit dem Punkt „Allfälliges“ abzuschließen.
Dieser Tagesordnungspunkt ermöglicht es den Mitgliedern des Gemeinderates, Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu behandeln (Anfragen zu stellen), ohne jedoch hierüber einen Beschluß fassen zu können.
Eine Beschlussfassung unter diesem Punkt ist nur dann zulässig, wenn der Gemeinderat dies einstimmig beschliesst (Dringlichkeitsantrag).

?Der Bürgermeister hat dem Gemeinderat unter dem Tagesordnungspunkt „Allfälliges“ den voraussichtlichen Termin der nächsten Gemeinderatssitzung bekannt zu geben.


Absetzung von Tagesordnungspunkten
Der Vorsitzende ist berechtigt, einen auf der Tagesordnung stehenden Gegenstand, vor Beginn der Sitzung abzusetzen.

Doch dürfen folgende Angelegenheiten nicht von der Tagesordnung abgesetzt werden, bzw. müssen - obwohl nicht auf der Tagesordnung stehend (Dringlichkeitsantrag) - unter dem Tagesordnungspunkt „Allfälliges“ behandelt werden:

  • Antrag auf Durchführung einer Volksabstimmung über die Absetzung des Bürgermeisters
  • Mißtrauensantrag gegen den Bürgermeister
  • Mißtrauensantrag gegen ein Mitglied des Gemeindevorstandes
  • Angelegenheiten, die zu behandeln ein Viertel der Mitglieder des Gemeinderates verlangt
  • Angelegenheiten, die die Aufsichtsbehörde in einem bestimmten Fall zu behandeln verlangt
  • Angelegenheiten, die der Gemeinderat einstimmig zur Behandlung bestimmt hat
  • Angelegenheiten, die der Bürgermeister auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Gemeinderates in die Tagesordnung aufgenommen hatte
  • Angelegenheiten, die einen Ortsverwaltungsteil berühren, über Antrag des Ortsvorstehers
  • Angelegenheiten, die in einer Sitzung beraten werden sollen, die im Gefolge einer nicht beschlußfähig gewesenen Sitzung neuerlich einberufen worden ist
  • Bericht des Prüfungsausschusses und allfällige Minderheitsberichte.

Absetzung von Tagesordnungspunkten durch den Gemeinderat
In der Gemeindeordnung ist die Frage, ob ein Tagesordnungspunkt vom Gemeinderat von der Tagesordnung abgesetzt werden kann, nicht geregelt. Aus der Bestimmung, dass Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung stehen, dann behandelt werden können, wenn der Gemeinderat dies einstimmig beschließt, könnte allerdings der Schluß gezogen werden, dass es sehr wohl möglich wäre, mittels einstimmigen Gemeinderatsbeschlusses dies zu tun; dies umsomehr, als der Bürgermeister vor Beginn der Sitzung einen Tagesordnungspunkt - ausgenommen bestimmte Fälle - von der Tagesordnung absetzen kann. Der Bürgermeister darf aber die Sitzung erst dann schließen, wenn alle Tagesordnungspunkte behandelt worden sind, insbesondere aber der Tagesordnungspunkt "Allfälliges". Der Gemeinderat kann die Schließung der Sitzung auch nicht dadurch erzwingen, dass er einen entsprechenden Beschluß faßt (dieser wäre gesetzwidrig und könnte von der Aufsichtsbehörde aufgehoben werden). Selbst wenn er nach Behandlung einiger Tagesordnungspunkte die Absetzung der restlichen Tagesordnungspunkte beschließt, könnte ein "Schluß der Sitzung" nicht erzwungen werden, wenn nicht vorher der Tagesordnungspunkt "Allfälliges" behandelt worden ist.


Nicht auf der Tagesordnung stehende Gegenstände
Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung einer Sitzung stehen, können nicht behandelt werden. Eine Behandlung in der betreffenden Sitzung ist jedoch nur möglich, wenn ein Mitglied des Gemeinderates einen diesbezüglichen Antrag stellt und der Gemeinderat dies einstimmig beschließt.